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Computergestützte Vorhersage von Long COVID im Kanton Zürich

Projektstatus

geschlossen

Projektbeginn

Januar 2022

Förderlaufzeit

14 Monate

Beteiligte Hochschulen

UZH

Praxispartner

Universitätsspital Zürich SIB Swiss Institute of Bioinformatics

Förderbetrag DIZH

CHF 79'000

Etwa 30 % der COVID-19-Patient:innen erholen sich nicht und entwickeln langfristige Symptome (Long COVID). Auf der Grundlage von Serum-Immunglobulin-Messungen wurde ein Vorhersage-Score entwickelt, mit dem sich das individuelle Risiko, Long COVID zu entwickeln, berechnen lässt. Das Team um Carlo Cervia konnte ein neuartiges Modell zur Vorhersage von Long COVID in Zürich einführen. Über ein Online-Tool ist das Modell weltweit zugänglich und verfügt über eine integrierte Feedback-Schleife zur weiteren Überwachung.

Das schwere akute Atemwegssyndrom Coronavirus 2 (SARS-CoV-2), der Erreger der aktuellen Pandemie, hat weltweit zu mehr als 670 Millionen Infektionen und schätzungsweise 6,8 Millionen Todesfällen geführt. Nach der Infektion können Patient:innen die Coronavirus-Krankheit 2019 (COVID-19) mit einem leichten, grippeähnlichen oder einem schweren Krankheitsverlauf entwickeln, der einen Krankenhausaufenthalt erfordert. Sowohl nach einem leichten als auch nach einem schweren akuten Krankheitsverlauf erholen sich jedoch etwa 3-5 % der Personen nicht von ihren Symptomen und entwickeln Long COVID. Zu den häufigsten Symptomen gehören Müdigkeit, Atembeschwerden und kognitive Beeinträchtigungen, doch können mehrere Organe betroffen sein, wobei nur wenig über Pathomechanismen und Risikofaktoren bekannt sind.

Wir haben in einer Patient:innenkohorte mit 215 Teilnehmer:innen mehrere Risikofaktoren für die Entwicklung von Long COVID ermittelt. Das Alter der Patient:innen, die Anzahl der früh aufgetretenen COVID-19-Symptome, vorbestehendes Asthma bronchiale sowie zwei Blutbiomarker wurden als Risikofaktoren für Long COVID identifiziert und in einer externen Kohorte von 395 COVID-19-Patient:innen validiert. Die beiden Blut-Biomarker umfassen die Gesamtwerte von Immunglobulin M (IgM) und IgG3 der Patient:innen, da ein Mangel an einem der beiden Antikörper mit einem höheren Risiko für die Entwicklung von Langzeitsymptomen verbunden war.

Unterstützt durch den schnellen Aktionsaufruf der DIZH konnten wir dieses Vorhersagemodell, genannt PACS-Score (Akronym für post-acute COVID-19-Syndrom), erfolgreich umsetzen. Wir haben einen frei zugänglichen Online-Rechner (www.pacs-score.com) eingerichtet, der sowohl von Ärzt:innen und Forscher:innen als auch von interessierten Bürger:innen und Patient:innen genutzt werden kann. Die Nutzer:innen können offen auf Hintergrundinformationen zu den identifizierten Risikofaktoren zugreifen und anonym die Informationen bereitstellen, die zur Berechnung des persönlichen Risikos für die Entwicklung von Long COVID erforderlich sind (z. B. 90% Risiko für die Entwicklung einer langen COVID = sehr hohes Risiko). Darüber hinaus können die Nutzer:innen zusätzliche Informationen über ihren Krankheitsverlauf und ihre klinische Vorgeschichte bereitstellen. Auf diese Weise wurde eine Rückkopplungsschleife eingerichtet, um zu überwachen, wie gut der Vorhersage-Score vor dem Hintergrund neuer SARS-CoV-2-Varianten und neuer Impf-/Behandlungsstrategien funktioniert. Bis heute haben mehr als 430 Nutzer:innen ihren persönlichen Risikowert berechnet. Eine große Anzahl von Rückmeldungen steht noch aus, da die Nutzer:innen drei Monate nach ihrer Eingabe daran erinnert werden können, weitere Informationen zu liefern.

Die Abteilung für Immunologie am Universitätsspital Zürich konnte in einer neu eingerichteten Long-COVID-Sprechstunde eine strukturierte Beurteilung der oben genannten Risikofaktoren einführen, mit dem Ziel, die Long-COVID-Prävention zu verbessern und verschiedene therapeutische Strategien auf der Grundlage der identifizierten Langzeit-COVID-Risikofaktoren anzuwenden (z.B. Asthma bronchiale oder Immunglobulinmangel). Ausserdem wurde eine Zusammenarbeit mit anderen Long COVID-Beratungsstellen in Zürich initiiert, um eine routinemäßige Bewertung der identifizierten Risikofaktoren durchzuführen.

Darüber hinaus wurde eine neue retrospektive Patient:innenkohorte aufgebaut, durch die das Verständnis der zugrundeliegenden biologischen Mechanismen von Long COVID weiter vertieft werden kann und möglicherweise erklärt werden, warum bestimmte Immunglobuline bei Long COVID-Patient:innen vermindert sind und wie dies zu langfristigen Symptomen führen kann.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir in der Lage waren, ein neuartiges Modell zur Vorhersage von Long COVID in Zürich einzuführen. Über ein Online-Tool ist das Modell weltweit zugänglich und verfügt über eine integrierte Feedback-Schleife zur weiteren Überwachung. Seit der Förderung durch die DIZH konnten wir die COVID-19- und die Long COVID-Forschung weiter vorantreiben, was zu sechs von Expert:innen begutachteten Publikationen führte. 

Zudem wurden neue Kooperationen mit anderen durch die DIZH geförderten Forschungsgruppen aufgebaut, die darauf abzielen, Long COVID-Patient:innen mithilfe von Wearables weiter zu unterstützen.

Dr. med. Dr. sc. nat. Carlo Cervia, Universitätsspital Zürich

C. Cervia: Messungen von Immunglobulinen, © Sara Hasler

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