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And the Awards go to … Smart Services und Predictive Maintenance

Dieser Artikel wurde zuerst auf dem Blog Digital Futures Lab der ZHAW veröffentlicht. Das Interview führte Johanna Seiwald (ZHAW digital).

Wir gratulieren Dr. Lilach Goren Huber zum Gewinn des Best Presentation Award und DIZH-Stipendiat Dr. Jürg Meierhofer zum Best Paper Award an der diesjährigen Swiss Conference on Data Science (SDS)! Die SDS ist die wichtigste Schweizer Konferenz für angewandte Datenwissenschaft. Im Interview erzählen die ZHAW-Forscher:innen, worum es in ihren kürzlich veröffentlichten Papers geht und wie ihre Erkenntnisse Kund:innen und Unternehmen helfen können.

Lilach und Jürg, eure Projekte beschäftigen sich beide mit der Mensch-Maschine-Interaktion. Schlagworte sind «Industrie 4.0» und «Smart Services». Könnt ihr diese Begriffe erklären und Beispiele nennen?

Lilach Goren Huber: Eine der Hauptideen von Industrie 4.0 ist es, Maschinendaten für einen effizienten, also «smarten» Maschinenbetrieb nutzen zu können. Zu den Smart Services gehört die Digitalisierung des Betriebs und der Wartung von Maschinen. Um ein Beispiel zu nennen: Der Betrieb großer Maschinenflotten erfordert eine kontinuierliche Überwachung des Zustands dieser Maschinen, eine automatisierte Fehlererkennung, Diagnose und wenn möglich sogar eine Prognostik. Dies wird manchmal als «vorausschauende Wartung» bezeichnet und beruht typischerweise auf intelligenten Algorithmen.

Jürg Meierhofer: Meine Lieblingsperspektive von Industrie 4.0 ist mit dieser Idee verbunden. Wir können die digitale Technologie nutzen, um in realen Prozessen einen Mehrwert zu schaffen. Zum Beispiel, indem wir Menschen befähigen, ihre Ziele besser, schneller oder umfassender zu erreichen. Und genau das bringt uns zum Begriff «Smart Services»: gegenseitige Wertschöpfung von Menschen durch den Einsatz von Daten und digitaler Technologie!

Ihr beide wollt unterschiedliche Prozesse verbessern. Könnt ihr die Gemeinsamkeiten und Unterschiede des jeweils anderen Projekts zusammenfassen?

Lilach Goren Huber und Jürg Meierhofer: Zunächst einmal möchten wir beide unseren Co-Autor:innen danken, die wesentlich zur Arbeit beigetragen haben (Liste der Co-Autor:innen siehe in den Referenzen am Ende des Interviews).

Jürg Meierhofer: Die beiden Arbeiten sind eigentlich komplementär, da sie sich beide mit Smart Services beschäftigen, wenn auch aus unterschiedlichen Perspektiven. Die Arbeit von Lilach und ihren Co-Autor:innen untersucht, wie intelligente Algorithmen technisch verbessert werden können, damit sie skalierbar und für kommerzielle Flotten komplexer Maschinen relevant sind. Dazu entwickelten sie Algorithmen für ein reales Betriebssystem (Windparks) mit Methoden wie maschinelles Lernen und Deep Learning.

Lilach Goren Huber: Auf der anderen Seite der Wertschöpfungskette konzentriert sich die Forschung von Jürg und seinen Co-Autor:innen darauf, die Ergebnisse von Algorithmen in realen Geschäftswert für ein Unternehmen zu übersetzen. Sie analysieren, welche Kombinationen von intelligenten Diensten sowohl für die Anbieter:innen als auch für die Kund:innen den größten wirtschaftlichen Wert schaffen.

Was waren die wichtigsten Erkenntnisse und Ergebnisse?

Jürg Meierhofer: Unser Modell für optimale Wertschöpfung zeigt, dass es nicht einfach ist, die optimale Servicekonfiguration vorherzusagen. Es nimmt das «Dienstleistungsparadoxon» auf. Theoretisch sollte die Einführung von Smart Services in einem Produkt-Service-System den Unternehmen ermöglichen, ihr Geschäft zu verbessern. In der Praxis geschieht jedoch oft das Gegenteil: Unternehmen verlieren Geld und wirtschaftlicher Wert wird vernichtet. Die neue quantitative Methodik, die in meinem DIZH-Stipendium entwickelt wurde, ist daher für Industrieunternehmen in der Praxis nützlich und bringt die Forschung auf dem Gebiet der Dienstleistungswertschöpfung weiter voran.

Lilach Goren Huber: Unsere Arbeit beleuchtet einige wichtige Aspekte von Deep-Learning-Algorithmen für die vorausschauende Instandhaltung, die es ermöglichen, sie in realen kommerziellen Systemen einzusetzen. Wir befassen uns mit Fragen wie der Automatisierung der gesamten Datenpipeline, dem Umgang mit der Heterogenität großer Flotten komplexer Maschinen und mit Fragen der Datenknappheit. Diese Aspekte werden in der wissenschaftlichen Literatur selten behandelt, da die meisten Forschungsarbeiten mit synthetischen Daten durchgeführt werden. An der ZHAW arbeiten wir jedoch fast ausschliesslich mit realen Betriebsdaten unserer Projektpartner. Dies stellt uns vor völlig neue Herausforderungen im Vergleich zur akademischen Gemeinschaft und ermöglicht es uns, die Kluft zwischen Forschung und Industrie zu überbrücken.

 
Lilach Goren Huber und Jürg Meierhofer (2. und 3. von links) und die anderen Preisträger an der Swiss Conference on Data Science. Bild: Simone Frischknecht

Lasst uns in die Zukunft blicken: Welche Projekte stehen als nächstes an?

Jürg Meierhofer: Es gibt viele Möglichkeiten für zukünftige Arbeiten. Eine sehr interessante Richtung, die wir verfolgen, ist zum Beispiel, unser Modell auf spezifische Unternehmenssituationen zuzuschneiden und typische, erfolgversprechende Dienstleistungsmuster für bestimmte Unternehmenstypen zu finden. Eine andere Richtung ist die Integration und Erweiterung um den ökologischen Wert. Intelligente Dienstleistungen haben ein hohes Potenzial, die ökologischen Auswirkungen in der Industrie zu reduzieren, wenn sie angemessen gestaltet werden. Wir sind gerade dabei, ein neues Papier zu diesem Thema zu veröffentlichen.

Lilach Goren Huber: Im Smart-Maintenance-Team werden wir mit Projektanfragen von Unternehmen aus ganz unterschiedlichen Anwendungsbereichen geradezu überschwemmt. Jedes hat seine eigenen Anforderungen, die unterschiedliche Herausforderungen an die Algorithmenentwicklung und die skalierte Implementierung stellen. Wir stellen immer mehr fest, dass wir neben den Fortschritten in der Datenwissenschaft auch die enormen Mengen an Daten nicht vergessen sollten.

Referenzen und mehr Informationen