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Wahrheit, Täuschung und generative KI in der Geschäftswelt

Welche Vorteile und Bedrohungen birgt generative KI für geschäftliche Anwendungsfälle? Vertreter:innen von Unternehmen wie Accenture, Wirz Group und Voicetechhub trafen sich mit Forscher:innen der ZHAW und der Universität Zürich, um über aktuelle Praktiken und Themen wie Urheberrecht, die Erklärbarkeit von KI-Modellen und KI-Kompetenz zu diskutieren.

Autorin: Johanna Seiwald, ZHAW

Die Suche nach KI ist nicht neu, erklärte Abraham Bernstein von der Universität Zürich. Er verwies auf Mary Shelleys Roman Frankenstein, in dem das Ziel von Frankenstein darin besteht, ein intelligentes Wesen aus leblosen Teilen zu erschaffen. Während KI selbst weder intelligent noch monströs ist, können die Art und Weise, wie wir sie nutzen, klug oder verantwortungslos sein.

In der dritten Sitzung von Apéro Digital, einer von der DIZH finanzierten Veranstaltungsreihe, diskutierten mehrere Akteur:innen, wie die Innovationsgemeinschaft generative KI-Tools am besten nutzen kann. „Mit diesen Veranstaltungen wollen wir Diskussionen über menschorientierte Technologie und wertbasierte Innovation fördern sowie eine Brücke bauen, um Netzwerkpartner über den Apéro am Ende der Veranstaltungen miteinander zu verbinden“, sagen die Forscher:innen und Organisator:innen Ning Wang (UZH) und Ricardo Chavarriaga (ZHAW).

Wo generative KI glänzt

Livio Dainese, Co-CEO und Miteigentümer der Wirz Group, präsentierte einen kreativen Anwendungsfall, bei dem die Agentur einen Werbespot mit Fussballtrainer Jürgen Klopp – oder vielmehr mit seinem Gesicht – erstellte. Sie verwendeten Körperdoubles, und Klopp musste lediglich für einen Gesichtsscan ins Studio kommen. Anschließend wurde eine KI mit den Daten trainiert. Die Technologie ermöglicht es, mehrere Versionen des Hauptprotagonisten zu erstellen, ohne dass er für zeitintensive Dreharbeiten anwesend sein muss. Diese neue Möglichkeit erlaubt es jeder Person, Schauspieler:in zu werden. Der Prozess ist jedoch weiterhin zeitaufwändig, und ausserhalb von Marketingunternehmen kann die Technologie für nicht einvernehmliche Deepfakes genutzt werden.

Neben kreativen Prozessen gibt es Anwendungsfälle, die sich auf die Implementierung von KI auf organisatorischer Ebene und die digitale Transformation von Unternehmen auswirken können. Max Gerling, Strategy Manager bei Accenture, erklärte, dass KI zentrale Wertpfeiler wie Fachwissen, die digitale Weiterbildung von Mitarbeitern, Innovation und skalierte Entwicklung ermöglichen kann. Nina Habicht, Startup-Beraterin und Investorin bei Voicetechhub, stellte ein Pilotprojekt vor, das mögliche Projektergebnisse innerhalb eines nachhaltigen Entwicklungsrahmens generiert.

Die Schattenseiten der KI

Es gibt erhebliche Herausforderungen für Unternehmen, die mit Zeit, Geld, Daten, Strategie, Regulierung und Ethik zusammenhängen. Es ist unmöglich, mit der Vielzahl von KI-Tools Schritt zu halten und schnell das richtige Tool zu implementieren. Zudem wird erwartet, dass alles effizienter wird, z. B. dass Marketingagenturen Filme schneller produzieren können. In der Realität ist dies jedoch nicht der Fall, da vieles manuell bearbeitet werden muss.

Generative KI stellt alle Dimensionen der heutigen Datenstrategie und die Integration bestehender Tools in Frage. Die Datenbasis eines Modells muss berücksichtigt und möglicherweise für spezifische Anwendungsfälle eines Unternehmens erstellt oder verbessert werden. Wenn die Herkunft der Daten nicht klar ist, hat dies reale Auswirkungen auf große Marken. Kund:innen zögern dann, den Einsatz von KI zuzulassen, aus Angst, Urheberrechte zu verletzen. Es gibt auch eine ethische Dimension: Illustrator:innen verlieren ihren Job, da KI einen Teil ihrer Arbeit übernehmen kann – jedoch könnte die KI mit dem Material der Illustrator:innen trainiert worden sein, ohne dass diese dafür entschädigt werden.

Ein weiteres Problem bei KI-Tools ist, dass einige von ihnen im Ausland angesiedelt sind und ihre Modelle mit den Eingaben der Nutzer trainieren. Was passiert, wenn die Agentur etwas bewirbt, das noch nicht öffentlich bekannt ist? Unternehmen müssen sorgfältig abwägen, welche Daten sie in welches Modell einbringen. Schliesslich ist es bei generativer KI oft schwierig zu verstehen, wie der Algorithmus zu einer bestimmten Entscheidung oder einem bestimmten Ergebnis gekommen ist und manchmal kann es sich um eine glatte Lüge handeln.

Best Practices und ein Artefakt 

Die Expert:innen der Veranstaltung teilten ihre Ratschläge und Best Practices mit den Teilnehmenden:

  • Klein anfangen: Beginnen Sie mit kleinen Projekten, um Erfahrungen zu sammeln und Ihre Ansätze zu verfeinern. Einige Anwendungsfälle sind weniger riskant als andere.
  • Offen für Fehler sein: Generative KI ist ein sich entwickelndes Feld, und Fehler sind unvermeidlich. Seien Sie bereit, aus ihnen zu lernen und sich anzupassen.
  • Sichere Modelle entwickeln: Erstellen Sie Modelle, die Vertraulichkeit, Datenschutz und Transparenz priorisieren.
  • Ihr Team weiterbilden: Investieren Sie in Schulungen zur digitalen Kompetenz, damit Teams generative KI-Tools effektiv und verantwortungsbewusst nutzen und verwalten können.
  • Klare Richtlinien festlegen: Entwickeln Sie klare Richtlinien oder Empfehlungen für den Einsatz von generativer KI in Ihrer Organisation.
  • Mit der KI-Governance Schritt halten: Diese wird derzeit entwickelt, z. B. mit dem EU AI Act und den Anforderungen an die KI-Kompetenz von Unternehmen (Artikel 4, Umsetzung im Februar 2025).

In einem Workshop bildeten die Teilnehmer:innen drei Gruppen und diskutierten die Nutzung generativer KI aus verschiedenen Perspektiven. Die Veranstaltung mündete in ein greifbares Artefakt, das von allen Teilnehmenden gemeinsam erstellt wurde:

Artefakt des dritten Apéro Digital. Text / Design: Anna Fedorova / Nadine Schreiber

The article was published on December 30, 2024, on the ZHAW Blog Digital Futures Lab 

The author Johanna Seiwald is Science Communicator at ZHAW digital.