Algorithmische Systeme versprechen, die Bewertung schulischer Leistung zu objektivieren und Bildungsangebote zu individualisieren. Statt subjektiver Urteile von Lehrpersonen sollen Algorithmen entscheiden, wie Freitextaufgaben und Essays zu bewerten sind und wie Aufgaben zugeteilt werden. Doch die Intransparenz der Technik erzeugt unbemerkt neue Formen der Ungleichheit. Die Datensätze und ihre algorithmische Auswertung unterliegen einem algorithmic bias, der bestehende Bildungsungleichheiten nicht bloss reproduziert, sondern sogar verstärkt. Tobias Röhl und Matthias Kirchner diskutieren diesen Umstand anhand zweier Anwendungsfälle: adaptive Lernsysteme und automatisierte Bewertung. Die Autoren betrachten die angewandten algorithmischen Systeme im Kontext ihrer praktischen Wirkzusammenhänge und plädieren abschliessend für eine Aufwertung der pädagogischen Profession angesichts der geschilderten Risiken.
Der Artikel «Algorithmische Alchemie – die sozio-technische Reproduktion sozialer Ungleichheit im Bildungssystem» erschien in der Zeitschrift «Soziale Probleme 2/2023» und ist auch im OpenAccess verfügbar.
Autoren: Tobias Röhl, PHZH und Matthias Kirchner, PH Bern
Beitragsbild: Alan Warburton / © BBC / Better Images of AI / Quantified Human / CC-BY 4.0